Da im Redestrom alle Wörter sich zu Wortfügungen, Sätzen, Satzgemeinschaften vereinigen, sind die Gesetzmäbigkeiten ihrer Kombinierbarkeit eine der wichtigsten Fragen der Syntax.
Bei der Untersuchung dieser Gesetzmbigkeiten sind zwei Erscheinungen aubeinanderzuhalten: 1. die Fügungspotenz und 2. die Valenz.
I. Jede Wortart besitzt die Fähigkeit, unabhängig von ihrer lexikalischen Bedeutung, mit anderen Wortarten in Verbindung zu treten, entweder als übergeordnetes oder auch als untergeordnetes Glied der Wortügung. Z. B. Das Substantiv im Nominativ der Tisch kann sich verbinden:
mit einem finiten Verb (der Tisch steht),
mit einem kopulativen Verb (der Tisch ist rund),
mit dem Genitiv eines Substantivs (der Tisch meines Vaters),
mit einem Eigennahmen im Genitiv (Karls Tisch),
mit einem Adjektiv (der runde Tisch),
mit einer Präpositionalgruppe (der Tisch zum Schreiben),
mit einem Adverb (der Tisch dort).
So könnte man für jede Wortart im allgemeinen und jede Wortform im besonderen eine Liste ihrer Fügungsmöglichkeiten aufstellen, so wie es
W. Admoni für das Substantiv im Akkusativ, als untergeordnetes Glied, macht.[1]
Unter diesen Fügungsmöglichkeiten gibt es solche, die für den Aufbau eines Satzes notwendig sind, und solche, die für den Aufbau eines Satzes nicht notwendig sind. In dem Satz Der grobe Schreibtisch meines Vaters steht am Fenster können die Bestimmungen grobe, meines Vaters weggelassen werden, ohne dab der Satz dabei ungrammatisch wird. Diese Gesamtheit aller Fügungsmöglichkeiten, die einer Wortart bzw. Einer Wortform innewohnen, nennt man Fügungspotenz.
2. Von der Fügungspotenz unterscheidet man die Valenz (die Wertigkeit) eines Wortes. Der Begriff Valenz ist dem gebiet der Chemie entnommen und ist leicht zu verstehen, wenn man an die Valenz eines Atoms denkt.
Unter der Valenz versteht man in der Linguistik die Eigenschaft eines Wortes, als übergeordnetes, dominierendes Glied einer Wortfügung notwendige Bestimmungen zu fordern, die durch die lexikalische Bedeutung dieses Wortes bedingt sind. Ohne diese notwendigen Bestimmungen hat das Wort keine satzbildende Kraft.
Fassen wir zusammen Kennzeichen der Fügungspotenz und die der Valenz.[2]
Kennzeichen der Fügungspotenz
Unabhängigkeit der Fügungspotenz von der lexikalischen Bedeutung des Wortes;
Fähigkeit des Wortes, dominierendes oder abhengiges Glied einer Wortfügung zu sein;
Gesamtheit aller notwendigen und nicht notwendigen Bestimmungen.
Kennzeichen der Valenz
Bedingtheit der Valenz durch lexikalische Bedeutung des Wortes;
Eigenschaft des Wortes, nur dominierendes Glied einer Wortfügung zu sein;
Eigenschaft des Wortes, nur notwendige Bestimmungen zu fordern.
Also ist der Begriff Fügungspotenz weiter als der Begriff Valenz. Die Fügungspotenz ist jedem Wort eigen, die Valenz – nur denjenigen Wörtern, die sich durch ihre lexikalische Bedeutung andere Wörter unterordnen.
Definition der Valenz
Auf die Eigenschaf bestimmter Wörter, notwendige Ergänzungen zu fordern, haben viele Wissenschaftler hingewiesen und diese Eigenschaft verschieden terminologisch fixiert.
Die Verbindungen von Wörtern mit bestimmten Partnern sind beliebig und völlig willkürlich. Sie unterliegen bestimmten Gesetzmäβigkeiten.
Heute faβt man die grungelegenden Gesetzmäβigkeiten der Kombinierbarkeit eines Wortes mit einem anderen mit dem Begriff der Valenz im allgemeinsten Sinne.[3]
Auf dem Gebiet der Syntagmatik der Wortarten wird die Valenz als „Schnittpunkt von lexikalischer Semsntik und Syntax“ bestimmt.
Damit kommt dem begriff der Valenz die entsprechende Rolle zu, wenn man die syntagmatischen Aspekte der Wörter erfassen will.
Gegenstand unserer Forschung sind die Grundfragen der Valenztheorie dazugelegen und die Valenzwörterbücher einer Analyse zu unterziehen.
Eine besonders groβe bedeutung hat hier das Studium praktischer Fragen der Valenz des Verbs vor allem für den Deutschunterricht. Selbst fortgeschrittene Studenten und Schüler machen beim Gebrauch der deutschen sprache zahlreiche Fehler in der Valenz.
Es handelt sich dabei um Fehler, die mit den traditionellen Mitteln der Grammatik nicht hinreichend beschreiben werden können.
Ähnliches beobachtet man an den Fragen des Wortschatzes und der semantischen Kombinierbarkeit von Wörtern.es fällt Schülern und studenten oft schwer, zwischen bedeutungsnahen Wörtern zu unterscheiden, die überdies in ihrer syntaktischen Umgebung unterschiedlich sind: kennen – wissen, warten – erwarten – abwarten u.s.w. anhand der Valenzanalyse könnte man solche Fehlerquellen in Fremdsprachenunterricht beseitigen oder riduzieren: fortsetzen – fortfahren, treffen – begegnen, kommen – ankommen.
Der Begriff der Valenz in der theoretischen Beschreibung ist noch nicht ganz deutlich geklärt, daβ man ihn ohne weiteres übernehmen könnte.
Es bedarf zunächst eines Überblicks über der verschiedenen Fassungen des Valenzbegriffes in der Linguistik und einer davon resultierenden theoretischen Feststellung. Der moderne Valenzbegriff wurde in die Linguistik durch den französischen Sprachforscher L. Tesniere eingeführt worden, der bei der strukturellen Satzanalyse vom verb ausgeht.
Als untergeordnete Glieder des Verbs sicht er die “actants” an, d.h. die handelnden Glieder und die „circonstans“ im Satz zahlenmäβig durch das Verb begrenzt, was von der lexikalischen Bedeutung des Verbs abhängt.
Die Fähigkeit der Verben, eine bestimmte Anzahl von „actants“ zu sich zu nehmen vergleicht L. Tesniere mit der Wertigkeit eines Atoms und nennt sie „Valenz“. Für das Französische nimmt L. Tesniere drei Arten von Aktanten an, die in gleicher Werse direkt vom Verb abhängig sind: Subjekt, Akkusativ- und Dativobjekt. Ausgeschlossen von den Valenzbeziehungen bleiben bei Tesniere die Adverbialbestimmungen und die Prädikativa[4] .
Das Subjekt verliert seine Sonderstellungim Satz.
L. Tesniere lehnt die traditionelle Subjekt – Prädikat – Opposition im Satz ab, weil sie nicht nur die Valenzbeziehungen, sondern auch die Aktiv – Passiv – Beziehung verdunkelt. Das Subjekt ist bei Tesniere nur ein semantischer Name für den ersten Aktanten.
Nach der Valenz unterscheidet Tesniere vier Gruppen von Verben.
Avalente (nullwertige) Verben haben keine Valenz und können im Prinzip keinen Aktanten regieren (unpersönliche Verben: es regnet).
Monovalente (einwertige) verben haben nur eine Valenz, sie regieren nur einen Aktanten und sind intransitiv im traditionellen Sinne. (Alfred schläft)
Divalente Verben (zweiwertige) haben zwei Valenzen und können zwei aktanten regieren, sie sind transitiv im traditionellen Sinne. (Alfred weckt Otto)
Trivalente (dreiwertige) Verben haben drei Valenzen und können drei Aktanten regieren (Alfred gibt Otto das Buch). Die Verben werden nur hinsichtlich der Zahl, nicht auch hinsichtlich der Art der Aktanten klassifiziert.
In der deutschen Grammatik erscheint der Valenzbegriff etwa bei O.Behagel[5] und G.C.A. Heyse[6] .
Sie teilen die Verben in absolute bzw. subjektive (d.h. keine Ergänzung fordernde) und relative bzw. objektive (d.h. eine Ergänzung fordernde) ein. Zu den absoluten Verben gehören solche, die auβer dem Subjekt keine weitere Ergänzung brauchen, damit ein grammatisch korrekter Satz entsteht (z.B.: er schläft, singt, geht), zu den relativen Verben gehören solche, die auβer dem Subjekt noch mindestens eine weitere Ergänzung brauchen, damit ein grammatisch richtiger Satz entsteht: (z.B. Er besucht seinen Freund, wohnt in Moskau, stellt das Glas auf den Tisch).
Der tesnierische Valenzbegriff ist in der deutschen Grammatik von H. Brinkmann[7] und G. Erben[8] nutzbar gemacht worden. Brinkmann nennt mit Tesniere „die Fähigkeit des Verbums, weitere Stellen im Satz zu fordern“, „Valenz“ und die Stellen selbst, die für weitere Beziehungen offen sind, „Mitspieler“, oder Aktanten.
Das Verb bestimmt wie bei L. Tesniere darüber, „wieviel Stellen im Satz besetzt werden müssen (oder können).
H. Brinkmann bezieht im Anschluβ an Tesniere L. nur die Aktanten, nicht die Adverbiallbestimmungen in die Valenz ein, obwohl auch diese Adverbiallbestimmungen im deutschen satz strukturell notwendig sein können. Sätze wie „Er legt das Buch auf den Tisch“ oder „Berlin liegtan der Spree“ können nicht um die Umstandsbestimmung reduziert werden, ohne daβ sie ihren Charakter als Satz verlieren.
Bei J. Erben taucht der Valenzbegriff unter dem Terminus „Wertigkeit“ auf. Für ihn bildet das Verb im deutschen Satz den charakterischen Aussagekern. Von diesem Aussagekern hängt es wesentlich ab, welche und wieviel Ergänzungsbestimmungen mit dem Verb auftreten.
J. Erben erhält im Resultat seiner Aufgliederung vier Grundmodelle der Sätze, entsprechend den ein- zwei- drei- und vierwertigen Verben.
Im Unterschied zu Tesniere und Brinkmann sieht Erben als Ergänzungsbestimmungen des Verbes nicht nur Subjekte, sondern auch Prädikativa, notwendige Präpositiionalobjekte und Adverbialbestimmungen an.
P. Grebe[9] , D. Schulz, H. Griesbach, die das verb als Organisationszentrum des Satzes betrachten, unterschieden obligatorische Prädikatsergänzungen und freie Angaben, die in Satz weggelassen werden können.
Zu den Prädikatsergänzungen gehören auch verschiedene syntaktisch obligatorische Adverbialbestimmungen: z.B. Mein Freuend wohnt in einem Hotel; das Fest dauerte bis zum Morgen; das Feuer entstand durch Leichtsinn: Diese Adverbialen sind obligatorische Mitspieler des Verbs.
Sie können nicht weggelassen werden, weil diese sätze dann ungrammatisch werden. Freie Angaben umgekehrt können eliminiert werden, wobei der Satz grammatisch richtig bleibt. Z.B. Ich will in Berlin einen Freund besuchen;
W.G. Admoni[10] spricht von der Valenz als von der Fügungspotenz, die allen Redeteilen eigen ist und unter dem Einfluβ des Kontextes und der Situation teilweise aktualisiert wird. Diese Potenzen ‚schlummern“ im Redeteil und werden im konkreten Redeprozeβ zum Leben erweckt.
W.G. Admoni unterscheidet obligatorische und fakultative Fügungspotenzen: „Einige Beziehungen sind obligatorisch, d.h. ohne an ihnen teilzunehmen, kann die Wortart überhaupt im Satz nicht erscheinen. Die anderen sind fakultativ, d.h. der Redeteil kann sie auch entbehren“[11] .
So ist die Beziehung des attributeven Adjektivs zum Substantiv obligatorisch, weil ein Attribut im Satz ohene Substantiv nicht stehen kann. Die Beziehung des Substantivs zum attributiven Adjektiv ist dagegen fakultativ, denn das Substantiv kann in der Rede auch ohne das attributive Adjektiv gebraucht werden. Z.B. Das [kein] Mädchen begann zu weinen.
Auf solche weise berühren sich die Begriffe „obligatorisch“ und „fakultativ“ mit den Begriffen „abhängig“ und „dominierend“. Die Beziehungen des „abhängigen“ Redeteils zum dominierenden ist für Admoni „obligatorisch’. Die Beziehung des „dominierenden“ Glieds zum „abhängigen“ kann jedoch sowohl „fakultativ“ als auch „obligatorisch“ sein.
Es hängt für Admoni von semantischen Gründen ab[12] . Was Admoni unter obligatorischen und fakultativen Fügungspotenzen versteht, wird am greifbarsten in seiner Beshreibung der Fügungspotenzen des Substantivs im Akkusativ[13] .
In diesem Fall sind für W.Admoni jene Fügungspotenzen obligatorisch, die der Akkusativ zu den ihm übergerdneten Gliedern hat (vor allem zum Verb, zum Adjektiv und zu bestimmten Präpositionen), zu Gliedern, von deren er syntaktisch abhängig ist.
Als fakultativ erscheinen die Fügungspotenzen, die der Akkusativ zu den ihm untergeordneten Gliedern hat (vor allem zu Attributen und Pronomina), die vom Akkusativ syntaktisch abhängig sind. G.Helbig verlangt den Anwendungabereich der Termini „Fügungspotenzen“ und „Valenz“ klar zu trennen. Der Terminus „Fügungspotenzen“ kann als Oberbegriff gelten.
Von G.Helbig wird die Valenz vorwiegend als syntaktisches Phänomen betrachtet. Er hält das Verb für das syntaktische Zentrum des Satzes, an das bestimmte Aktanten gebunden sind.
G.Helbig versteht unter Valenz die Fähigkeit des Verbs, bestimmte Leerstellen im Satz zu eröffnen, die durch obligatorische oder fakultative Aktanten zu besetzen sind[14] .
G.Helbig unterscheidet 3 Arten der Satzglieder:
Obligatorische Aktanten Aktanten sind Valenzgebundene Glieder
Fakultative Aktanten
Freie Angaben nicht Valenzgebunden, sie können beliebig, hinzugefügt und weggelassen werden.
Die Aktanten sind im Stellenplan des Verbs vorgesehen und zahlenmäβig begränzt fakultative Aktanten sind unter bestimmten Bedingungen weglaβbar, sie werden stets mitgedacht, aber oblegatorische Aktanten können nicht eliminiert werden.
Interessant ist die Konzeption, die von K.-E. Sommerfeld und H. Schreiber vertreten ist. Sie unterscheiden 3 Arten der Valenz[15] .
Die logische Valenz (in der Begriffstruktur). Unter der logischen Valenz werden begriffliche Relationen verstanden. Auf Grund dieser Valenz unterscheidet man begrifflich angelegte und begrifflich nicht angelegte Partner des Wortes. Z.B. „ein grüner Baum“, aber „eine gratze“.
Die semantische Valenz. (konkrete sprachliche Struktur) Hierunter ist die Tatsache zu verstehen, daβ bestimmte Wörter bestimmte Partner verlangen. Diese Partner müssen bestimmte Bedeutungselemente besitzen, um eine Verbindung eingehen zu können. Und über diese Bedeutungselementeverfügt nicht nur das Verb, sondern auch andere Wortarten.
Die syntaktische Valenz (konkrete sprachliche Struktur). Unter der syntaktischen Valenz wird die Tatsache verstanden, daβ die Valenzträger auf grund ihrer kategorialen Angehörigkeit und auf Grund ihrer Verbindungsmittel syntaktische Rolle der Mitspieler und ihre morphologische Struktur der Mitspieler bestimmten[16] z.B. Das Verb „danken“ fordert 3 Aktanten:
ein Substantiv im Nominativ;
ein Substantiv im Dativ;
eine Präpositionalgruppe mit „für“;
Ich danke dir für deine Hilfe.
1 2 3
In der vorliegenden Abhandlung wählen wir im Anschluβ an K.-E. Sommerfeld und H. Schreiber als Ausgangspunkt 3 Valenzauffassungen:
Logisch – begrifflichhe Valenz, das es nur begrifflich angelegte und begrifflich nicht angelegte Partner geben kann.
Semantische Valenz, worunter die Tatsache zu verstehen ist, daβ bestimmte Wörter bestimmte Partner verlangen.
Syntaktische Valenz, hierunter fassen wir die tatsache, daβ die Valenzträger auf Grund ihrer Wortaufprägung die syntaktische Rolle und die morphologische Form ihrer Aktanten festlegen.
Unter Valenz verstehen wir die Fähigkeit eines Wortes, auf Grund seiner Bedeutung, Beziehungen zu anderen Wörtern herzustellen. Eine Valenz, die auf der bedeutung basiert, haben nicht nur die Verben, sondern auch die Wortarten Substantiv, Adjektiv, Adverb;
Dabei unterscheiden wir solche Aktanten, die unbedingt stehen müssen, damit der satz grammatisch richtig wird (obligatorische Glieder), und welche unter bestimmten Bedingungen stehen können (fakultative Glieder).
Stufen der Valenzanalyse
Die Valenz eines Verbs wird in drei Stufen untersucht.
Auf der I. Stufe (Wertigkeitsstufe) wird die quantitative Analyse vorgenommen. Es wird festgestellt, wieviel Mitspieler vom Verb gefordert werden, das heiβt, wieviel Leerstellen das Verb in einem minimalen Satzmodell eröffnet.
Nehmen wir das Verb besichtigen. Um einen Satz zu bilden, braucht das Verb minimum zwei Mitspieler:
Wir besichtigen die Ausstellung.
Wenn wir die Ergänzung die Ausstellung weglassen, so ist der satz ungrammatisch: * Wir besichtigen.[17]
Ohne den zweiten Mitspieler hat das Verb keine satzbildende Kraft. Zeichnen wir den Stellenplan des Satzes: ... besichtigen ...
Das Verb besichtigen eröffnet zwei Leerstellen, dieses Verb ist zweiwertig. Man beschreibt seine Wertigkeit auf solche Weise: besichtigen2.
Es gibt nullwertige, einwertige, zweiwertige, dreiwertige Verben.
Als nullwertige gelten unpersönliche Verben: Es scheint. Es regnet. Es donnert. Hier ist die erste Stelle nur formal ausgefüllt. Nach W. Schmidt aber sind solche Verben einwertig (einstellig), weil das unpersönliche es eine Stelle vertritt.[18]
Einwertig sind die Verben, die mit einem Mitspieler einen grammatisch richtigen Satz bilden: schlafen1, arbeiten1, lachen1 u.a.
Das Kind schläft. Der Vater arbeitet. Das Mädchen lacht.
Zweiwertig sind die Verben – besuchen2, gefallen2, vertrauen2 u. a.
Vgl.: Er besucht seinen Freund. Der Film gefällt mir.
Dreiwertige Verben – legen3, beibringen3, verdanken3 u.a. eröffnen drei Leerstellen: Er legt das Buch auf den Tisch.
Der Kranke verdankt dem Arzt seine Genesung.
Der Lehrer bringt den Schülern das Rechnen bei.
Auf quantitativen Stufe wird zwischen der obligatorischen und der fakultativen Valenz unterschieden. Es gibt Verben, die in einem Kkontext nur eine Leerstelle eröffnen, in einem anderen - zwei Leerstellen. In der tradizionellen Grammatik werden solche Verben halbtransitive Verben genannt. Das sind die Verben lesen, singen, tanzen, studieren u. a. Das Satzminimum[19] kann beei solchen Verben verschieden sein: Er liest. Oder: Er liest ein Buch.
Er singt. Oder: Er singt ein Lied.
Er studiert.Oder: Er studiert Medizin.
Der zweite Mitspieler ist nicht immer angegeben, aber stets mitgedacht. Diese fakultative Valenz wird auf folgende Weise bezeichnet: essen 1(2), lesen 1(2). Die obligatorische Valenz steht ohne Klammer, die fakultative – in Klammern.
Die fakultative Vaalenz ist mit freier Fügungspotenz nicht zu verwechseln. Die Fügungspotenz gestattet dem Verb, unzählige, für den Satzbau nicht notwendige Satzglieder anzuschlieβen: Jetzt liest er im Lesesaal mit groβem Interesse ein spannendes Buch.
Die II. Stufe der Analyse ist die qualitative Untersuchung der verbalen Valenz. Auf dieser Stufe wird die grammatische Umgebung (die Distribution) des Verbs ermittelt. Das heiβt, es wird festgestellt, welche Mitspieler die vom Verb geforderten Leerstellen ausfüllen. Nehmen wir wieder das Verb besichtigen: Wir besichtigen die Ausstellung.
Aus dem Satz ist ersichtlich, daβ zwei vom Verb eröffnete Leerstellen durch folgende Mitspieler besetzt werden: 1) durch Substantiv im Nominativ;
2) durch Substantiv im Akkusativ.
Wir nehmen das Verb - sich befinden.
Auf Stufe I ist das Verb sich befinden 2 zweiwertig.
Auf Stufe II werden die Leerstellen wie folgt ausgefüllt: sich befinden 2 – Sn, Adv/pS[20] (die zweite Leerstelle kann entweder durch ein Adverb oder durch ein Substantiv mit Präposition besetzt werden), z. B.: Er befindet sich hier. Oder: Er befindet sich im Zimmer.
Wenn man einwertige Verben qualitativ festlegt, so ist ihr Mitspieler meistens ein Sn: Das Kind schläft. Die Sonne scheint. Nicht ausgeschlossen sind andere Mitspieler: (1) Mich friert. (Sa)[21]
(2) Mir graut. (Sd)[22]
Die III. Stufe ist die Stufe der semantischen Analyse, die über die lexikalische Umgebung des Verbs Aufschlüsse zu geben hat. Das heiβt, es wird ermittelt, durch welche lexikalische Gruppen die vom Verb eröffneten Leerstellen besetzt werden. Die Regeln der lexikalischen Wahl heiβen Selektionsregeln. Die lexikalischen Beschränkungen heiβen Selektionsbeschränkungen. Die übereinstimmung der lexikalischen Bedeutung des Verbs mit der lexikalischen Bedeutung seiner Mitspieler wird auch semantische Kongruenz genannt.
Betrachten wir das Verb essen:
Stufe I: essen 1 (2)
Stufe II: essen 1 (2) – Sn, (Sa)
Für Sn besteht folgende Selektionsregel: es darf nur ein Substantiv sein, das entweder einen Menschen oder ein menschliches Kollektiv bezeichnet. Alle anderen semantischen Gruppen der Substantive sind hier ausgeschlossen:
Vgl.: Der Mann iβt.
Gegenstände: * Der Tisch iβt.
Abstrakta: * Die Freude iβt.
Tiere: * Der Hund iβt.
Der zweite, falkultative Mitspieler – Sa – kann nur durch Substantive ausgedrückt werden, die etwas Eβbares bezeichnen. Alle anderen sind ausgeschlossen: Vgl.: Ich esse Brot.
Gegenstände: * Ich esse einen Tisch.
Abstrakta: * Ich esse einen Gedanken.
Stufe III: essen 1 (2) – Sn, (Sa)
Sn – ein Mensch (ein menschliches Kollektiv)
Sa–Nahrungsmittel. Es gibt Verben, die ohne Selektionsbeschränkungen einen Satz bilden können. Nehmen wir das Verb gefallen:
Stufe I: gefallen 2
Stufe II: gefallen 2 - Sn, Sd
Stufe III: Sn – ohne Selektionsbeschränkungen
Sd – Lebewesen.
Vgl.: Das Buch gefällt mir (Gegenstände).
Dieser Mensch gefällt mir (Lebewesen).
Dein Gedanke gefällt mir (Abstrakta).
Diese Studentengruppe gefällt mir (Kollektiv).
Folglich wird jedes Verb auf drei Stufen nach seiner quantitativen Valenz (Wertigkeit), nach grammatischen Umgebung (Distribution) und nach seiner lexikalischen Umgebung (Selektionsbeschränkungen) bestimmt.
Wie schon erwähnt, resultiert die Valenz des Verbs aus seiner Bedeutung. Es ist aber allgemein bekannt, daβ die Valenz eines Verbs nur unter Berücksichtigung seiner eventuellen Vieldeutigkeit ermittelt werden kann.
So ist das Verb bestehen vieldeutig:
bestehen (vorhanden sein, existieren)
Stufe I: bestehen 2
Stufe II: bestehen 2 – Sn, Adv/pS
Stufe III: Sn – Abstrakta, Kollektiv
Adv/pS – Wörter mit lokaler oder temporaler Bedeutung.
Die Widerstandsgruppe bestand dort.
Die Widerstandsgruppe bestand seit 2 Jahren.
bestehen (sich bewähren, mit Erfolg absolvieren)
Stufe I: bestehen 2
Stufe II: bestehen 2 – Sn, Sa
Stufe III: Sn – Lebewesen
Sa – Abstrakta
Der Student hat die Prüfung bestanden.
bestehen (auf etw. beharren)
Stufe I: bestehen 2
Stufe II: bestehen 2 – Sn, pS
Stufe III: Sn – Menschen
PS – auf, Sd – Abstrakta
Er besteht auf seiner Behauptung.
Dieses Beispiel zeigt uns, daβ die Valenz des Verbs je nach seiner Bedeutung verschieden ist.
Valenz der Adjektive
Es gibt nicht nur die Valenz der Verben, sondern auch die Valenz der anderen Wortarten, solcher wie die Adjektive und Substantive.
Eine Reihe der Adjektiven ist valenzbedürftig, diese Adjektive fordern als Valenzpartner Substantive mit oder ohne Präposition.
z.B. Ich bin stolz auf meine Schwester.
Er ist einer guten Sache nicht fähig.
Das Mädchen ist einer Rose ähnlich.
Der Turm ist 200 Meter hoch.
Einige Adjektive behalten ihre Valenzpartner auch bei der attributiven Verwendung: ein 200 Meter hoher Turm, ein der Rose ähnlicges Mädchen.
Aber sehr viel Adjektive werden nur prädikativ und unflektiert gebrauucht: angst, feind, freund, schade, schuld u.s.w.
Es gibt aber auch die Adjektive, die nicht valenzbedürftig sind und nur attributiv gebraucht werden, sie erscheinen immer in flektierter Form. Das sind zeitliche und rämliche Bezeichnungen: die heutige, gestrige Zeitung; der dortige, hierige Erwohner;
Manchmal kommt es vor, daβ ein und dasselbe Bedeutung als Prädikativ auftritt. Vgl.
Ein holzernes Haus. Das Haus ist uas Holz.
Aber: Sein Gesicht ist holzern.
Ein italienisches Schuhzeug. Das Schuhzeug ist aus Italien.
Aber: Das ist typisch italienisch.
Die Valenz des adjektivs ist einer der wesentlichen Einteilungsgrunde, das ist eine Einteilung aus syntaktischer sieht. Schon Otto Behaghel unterschied
Hinsichtlich der obligatorischen und fakultativen Valenz teilt Schendels E. die Adjektive in zwei Gruppen ein:
mit einer obligatorischen Ergänzung, d.h. mit einem obligatorischen Partner gebildet.
Er ist des Wartens müde (überdrüssig)
Läβt man die Ergänzung weg, so ändert sich der Sinn:
Er ist müde – Er ist des Wrtans müde.
Er ist böse – Bist du mir böse?
Er ist fähig (begabt) – Er ist einer solchen Tat nicht fähig.
Zur zweiten Gruppe gehören Adjektive mit einer fekultativen Ergänzung:
Er ist (in seinem Beruf) tüchtig.
Unser Land ist reich (an Bodenschätzen).
Aber man kann die Adjektive der Valenz noch in zwei Gruppen einteilen:
Diese Gruppe charakterisiert sich dadurch, daβ die Valenz eines vieldeutigen Adjektivs von seiner aktualisierten Bedeutung abhängt. Zu dieser Gruppe gehören z.B. Adjektive, die eine Person oder einen Gegenstand von der physischen Seite charakterisieren: alt, groβ, breit, tief, schwer, lang u.s.w.
Und die letzte Gruppe umfaβt alle Adjektive, die keine untergeordnete Ergänzung fordern und folglich durch keine Valenz zu charakterisieren sind: schon (sehr schon), gut, golden, neu u.s.w.
Diese Adjektive bezeichnen vollständige Begriffe.
Die Valenzanalyse des Adjektivs „attraktiv“
Nach dem wir die theoretischen Hauptproblemen beschrieben haben, gehen wir zum empirischen Teil unserer Arbeit über. Die Valenz der Adjektive beschreiben die Sprachforscher K. E. Sommerfeld und H. Schreiber im „Wörterbuch zur Valenz und Distribution deutscher Adjektive „[23] auf zwei Ebenen (Stufeen) der Valenzanalyse. Dies zeigt folgendes Beispiel. Genauer gesagt, beschreiben wir diesen Autoren folgend die syntaktischen Valenz und die Distribution der Adjektive nach folgender Gliederung: Angaben zur syntaktischen Valenz.
Stufe I.
Die Valenz beschreiben wir von der lexikalischen Bedeutung der Adjektive ausgehnd. In der ersten Variante: V1- bedeutet das Adjektiv
Attraktiv
V1=“anziehnd“,“hübsch“
Das Adjektiv hat in diesem Fall nur eine Valenz. Es eröffnet nur eine Stelle für den obligatorischen Aktanten: 1.1® 1
2®B (Beziehungswort).
Das Beziehungswort kann in zwei Funktionen gebraucht werden:
1.3® attr.(das attraktive Angebot).
Prädikativ
z.B. das attraktive Angebot
Das Angebot ist attraktiv.
Auf der ersten Stufe der Valenzanalyse wird die Anzahl der Aktanten bezeichnet. Dabei bezeichnet die Zahl ohne Klammer – die Anzahl der obligatorischen Partner, die Zahl in der Klammer – der fakultativen Aktanten.
Das Adjektiv – attraktiv ist in der erster Bedeutungsvariante einwertig.
V1 = „anziehnd“ „hübsch“.
Das Adjektiv hat nur eine Valenz. Es nimmt auch auf dieser Stufe ein Beziehungswort zu sich. Es kann attributiv, prädikativ und adverbial gebraucht werden. z.B. das attraktive Mädchen
das Mädchen ist attraktiv
Sie sieht attraktiv aus.
Auf der zweiten Stufe der Valenzanalyse bezeichnet das Beziehungswort einen Menschen (Hum) und zwar einen menschen, weiblichen Geschlechts.
Eine attraktive Dame.
Bei der Realisierung der zweiten Bedeutung dieses Adjektivs –„günstig „ und „verlockend“ ist das Adjektiv – attraktiv ebenso einwertig. Das Beziehungswort (der Hauptaktant) kann in diesem Fall in zwei Funktionen gebraucht werden: 1. das attraktive Angebot – diese Funktion ist attributiv. Und -das Angebot ist attraktiv – in prädikativer Funktion. Und wie ist seine semantische Beschaffenheit? Das bestimmen wir auf der zweiten Stufe – das Beziehungswort wird durch ein abstraktes Substantiv bezeichnet.. Dies zeigt das folgende Beispiel: 2B® Abstr. Ein attraktiver Vorschlag.
Eine attraktive Stelle.
Quellenverzeichni
Charitonowa I. J. “Theoretische Grammatik der deutschen Sprache” Kiew,1976.
Stepanowa I. J., Helbig G. “Wortarten und das Problem der Valenz der deutschen Gegenwartssprache”, Leipzig, 1978.
Brinkmann H. „Deutsche Sprache“ Düsseldorf, 1962.
Behaghel O. „Deutsche Syntax“,Bd II, Heidelberg,1924.
Heyse G.C. A. „Deutsche Grammatik“ Hannover/Leipzig 1908.
Admoni W. G. “Der deutsche Sprachbau” Leningrad, 1966.
Sommerfeld K.-E., Schreiber H.“Wörterbuch zur Valenz und Distribution deutscher Adjektive“,Leipzig, 1977.